Memorial Week und Pasika
Memorial
Week und Pasika (Ostern) - prägende Ereignisse der letzten Tage; mit diesen befasst
sich der folgende Beitrag:
Wer denkt
bei Ruanda denn nicht an den Genozid, jene schreckliche Monate im Jahr 1994, in
welchen 800.000 bis 1.000.000 Menschen (Tutsi und oppositionelle Bahutu) durch
Bahutu getötet wurden? Dieses Ereignis wurde ein Teil der ruandischen
Geschichte. Um diese Taten nie zu vergessen und wiederholen zu lassen, gedenkt
Ruanda jährlich dem Völkermord. Seit dem 07. April 1994, an dem das grausame
und unsinnige Töten begann, gibt es in Ruanda den Genozid Gedenktag. Dieser Tag
gilt als Trauertag: man arbeitet nicht, sondern gedenkt den Opfern des
Völkermordes. Menschen nehmen an verschiedenen Veranstaltungen teil und Musik,
wenn diese überhaupt gespielt wird, ist sehr traurig und widmet sich
inhaltlich dem Genozid. Diesem Tag folgt eine Genozid-Gedenkwoche (Genozid
Memorial Week), in der man nur halbtags arbeitet und sonst an verschiedenen
Veranstaltungen teilnimmt. Man darf an diesen Tagen auch keine Musikinstrumente
spielen, was für die Kinder im Zentrum nicht so einfach war.
Graue Schleife für die Gedenktage
Weil mein
Touristenvisum am 09. April abgelaufen wäre, musste ich vor dem 07. April noch
nach Kigali ins Immigration Office. Ich war dort genau einem Tag vor dem
Gedenktag und wollte noch am gleichen Abend zurück nach Ngarama. Dies war
jedoch unmöglich. Überall warteten Leute auf die schon längst ausgebuchten
Busse. Alle wollten nach Hause, um die folgenden Tagen mit der Familie oder
Hinterbliebenen zu verbringen. Man könnte das mit der Zeit vor Weihnachten in
Deutschland vergleichen - nur die Stimmung war gegensätzlich. An mehreren Orten
wurden verschiedene Sachen verkauft, wie z.B. graue Schleifen. Nach Ngarama
fuhr ich schließlich am regnerischen 07. April. Als ob es Tränen der Ruander
regnete.
Die
Gedenkwoche endete am Donnerstag, dem 13. April, an dem für Katholiken Ostern
anfing. Alle Tage waren durch lange Gottesdienste gekennzeichnet. Am Karfreitag
fing die Zeremonie mit dem Kreuzweg schon um 12 Uhr an. Ein echtes Holzkreuz in
realen Maßen wurde durch die Stadt bei fast unerträglicher Hitze getragen. Der
von Gebeten und Gesängen begleitete Umzug endete um 15 Uhr in der Kirche in der
Nähe vom Marktplatz Ngaramas. Dort setzte sich die Zeremonie bis 18 Uhr fort.
Ostern in Ngarama
Am
Ostersonntag besuchten auch die Kinder aus dem Zentrum die Kirche. Es war eine
unvergessliche Erfahrung - im guten wie im schlechten Sinne. Die Messe war
wunderschön, alle waren richtig feierlich gekleidet und gelaunt. Die Kinder
hielten die lange Messe aus, waren die ganze Zeit brav, klatschten und sangen
mit. Was mich enttäuschte, war die Einstellung einiger Leute unseren Kindern
gegenüber. Nicht nur, dass uns alle anstarrten, einige scheuten sich sogar
davor, den Kindern die Hand zu geben. Sie ekelten sich richtig. Am Ende der
Messe, als wir vor der Kirche standen und feststellten, dass wir nicht genügend
Leute zum Schieben der Rollstühle hatten, war keiner der um uns stehenden und
uns anschauenden Personen bereit, uns zu helfen. Das fand ich sehr traurig;
umso mehr, da es sich bei allen um Katholiken handelte!
Mama Kiki (links), die Gründerin und Leiterin des Zentrums im Ostergottesdienst
Mama Kiki mit einigen Kindern aus dem Zentrum in der Kirche
Durch diese
Erfahrung wurde mir die Einstellung der hiesigen Gesellschaft zu Behinderten
bewusst. Nun überlege ich, eine Art Community Work zu machen. Und zwar, dass
ich einige Tage mit jeweils einem Kind in die Stadt gehe, auf dem Markt
einkaufe, im Restaurant esse usw. Es soll zwei Nutzen haben: Einerseits dem
Kind das alltägliche Leben näherbringen, andererseits der Gesellschaft zeigen,
dass Behinderte ganz normale Menschen sind, die viel Potenzial in sich tragen.
Mal sehen, ob es mir gelingt.
Regnerische
Grüße aus Ngarama
Marie
Kommentare
Kommentar veröffentlichen